„Es ist ein Anfang, aber für mich nicht der große Wurf.“, kommentiert Anke Voss, die Präsidentin des Bundesverbandes der Rentenberater e.V., die Ergebnisse der Sondierungsgespräche zum Thema Rente.


Wichtige Verbesserungen wurden nach Ansicht von Anke Voss bei der Erwerbsminderungsrente erzielt. „Was der Bundesverband der Rentenberater e.V. seit Langem gefordert hat, schlägt sich nun hoffentlich auch im politischen Handeln nieder. Dass die Zurechnungszeit sofort auf 65 Jahre und 8 Monate angehoben werden soll, ist lange überfällig und wirklich gut.“, sagt Voss. Aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen in Rente gehen zu müssen, zählt in Deutschland mit zu den größten Armutsrisiken.

„Die meisten Erwerbsminderungsrentner müssen jedoch Abschläge in Kauf nehmen. Häufig gehen mehr als 10 % der beschlossenen Verbesserungen gleich wieder verloren. Konsequent wäre gewesen, jetzt auch die Abschläge bei dieser Rentenart abzuschaffen.“

Die Einführung einer so genannten Grundrente ist ein Schritt in die richtige Richtung. Dass Menschen, die jahrzehntelang gearbeitet haben, ein Alterseinkommen oberhalb der Grundsicherung erhalten, ist nach Auffassung der Rentenexpertin eigentlich eine Selbstverständlichkeit.

Allerdings müssen die Betroffenen gegenüber dem Rentenversicherungsträger ihre gesamten Vermögensverhältnisse offenlegen. „Das zu prüfen, dürfte einen erheblichen bürokratischen Aufwand bedeuten und die Rentenversicherung müsste wie eine Art zweites Finanzamt Aufgaben übernehmen, die dort eigentlich nicht hingehören“, ist Anke Voss überzeugt. Außerdem dürften Menschen, die sparsam waren und trotz schwieriger Umstände zusätzliche Vorsorge getroffen haben, am Ende nicht die Dummen sein.

Bei der Festschreibung des Rentenniveaus auf 48% bis 2025 sind die Sondierer hinter den Erwartungen der Präsidentin des Bundesverbandes der Rentenberater e.V. zurückgeblieben. Aus ihrer Sicht wäre es notwendig gewesen, das Niveau maßvoll anzuheben. Eine über Generationen hinweg legitimierte 1. Säule bräuchte ein Leistungsniveau von mehr als 50 %.

Der Konstruktionsfehler der so genannten Mütterrente wird bei der geplanten „Mütterrente II“ fortgesetzt: „Offenbar soll die Anerkennung von Erziehungszeiten weiter aus der Rentenkasse finanziert werden. Es ist und bleibt ungerecht, dafür nur Arbeiter und Angestellte heranzuziehen. Die finanzielle Anerkennung von Kindererziehungszeiten muss als gesamtgesellschaftliche Leistung selbstverständlich von allen Teilen der Gesellschaft getragen werden – also durch Steuergelder.“, meint Anke Voss. „Warum die Gerechtigkeit steigt, wenn ein drittes Kindererziehungsjahr nur bei den Müttern berücksichtigt wird, die vor 1992 drei oder mehr Kinder erzogen haben, bleibt ein Geheimnis der Ideengeber.“

Positiv beurteilt die Präsidentin des Bundesverbandes der Rentenberater e.V., dass die Arbeitgeber wieder zur Hälfte an den Krankenversicherungsbeiträgen der Beschäftigten beteiligt werden sollen und damit die Beitragsparität wiederhergestellt wird.

Nach Bewertung der Eckpunkte aus den Sondierungsgesprächen sieht die Präsidentin des Bundesverbandes der Rentenberater e.V. Deutschland von einer wirklichen Rentenreform noch immer weit entfernt. Hinter der Absichtserklärung ‚Anerkennung der Lebensleistung und wirksamer Schutz vor Altersarmut‘ fänden sich im Abschlusspapier der Sondierer zu viele Versäumnisse.

„Es gibt im Sondierungspapier kaum Anzeichen für einen Einstieg in eine gesamtgesellschaftlich gerechte und umfassende Altersversorgung.“, kritisiert Anke Voss. „Die qualifizierte Einbeziehung Selbstständiger wird nur angeschnitten, da hatten wir schon in der letzten Legislaturperiode mehr erwartet. Und das Thema Beamtenversorgung taucht noch nicht mal als Stichwort auf.“

„Wirksamer Schutz vor Altersarmut fängt bei mir nicht am Ende an, wenn die Rente zu niedrig ist. Wir brauchen wirksame Maßnahmen, damit es gar nicht dazu kommt. Die Stellschrauben für den Kampf gegen Altersarmut lauten: Mindestlohn, Erhöhung des Rentenniveaus, keine Abschläge bei der Erwerbsminderungsrente, bessere Bewertung von Geringverdienern, von Pflege-, Kindererziehungs- und Ausbildungszeiten sowie die Erweiterung des versicherten Personenkreises.“