Rentnern in Österreich gehe es deutlich besser als Rentnern in Deutschland, argumentieren vor allem gewerkschaftsnahe Forscher. Wir haben die beiden Rentensysteme verglichen.

In Österreich zahlen auch Selbstständige und Beamte ein

Woher rührt die vielerorts zu hörende Begeisterung für das Rentensystem in der Alpenrepublik – vor allem bei Gewerkschaftern und Linken? Vor allem wohl daher, dass sich das österreichische Alterssicherungssystem nach wie vor „weitgehend auf die umlagefinanzierte gesetzliche Rentenversicherung“ konzentriert, in die auch Selbstständige und – seit 2005 – zunehmend Beamte einbezogen seien, wie es in einer bereits vor mehreren Jahren erschienen Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung, des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), der Berliner Hochschule für Wirtschaft und Technik und der Wiener Kammer für Arbeiter und Angestellte heißt. 
Während die Arbeitnehmer in Deutschland seit der Riester-Reform von 2001 das sinkende Versorgungsniveau der gesetzlichen Rente durch betriebliche oder private Zusatzvorsorge ausgleichen sollen („Drei-Säulen“-Alterssicherung), setzen die Österreicher weiter de facto auf ein „Ein-Säulen“-System. Dieses solle „auch in Zukunft eine Lebensstandard sichernde Funktion ausüben“, so die Autoren der Studie. Zudem sei der Beitragssatz zur Rentenversicherung in Österreich höher als in Deutschland.

Höhere Beiträge, vor allem für Arbeitgeber

Tatsächlich kommen österreichische Arbeitnehmer auf erheblich höhere Renten als ihre deutschen Kolleginnen und Kollegen (s. Tabelle 1). Allerdings unterscheiden sich auch die Beitragssätze zur Sozialversicherung in beiden Ländern deutlich (s. Tabelle 2). Im Bereich der Rentenversicherung zahlen die Arbeitgeber in der Alpen-Republik demnach sogar einen höheren Anteil der Beiträge.

RentenartenÖsterreich*
14 Renten pro Jahr
Deutschland**
12 Renten pro Jahr
Altersrenten1.446 Euro1.054 Euro
Erwerbsminderungsrenten1.184 Euro933 Euro
Witwen-/Witwerrenten757 Euro664 Euro

Höhe der durchschnittlichen (Netto-)Rente 2022 im Rentenbestand (monatlich)

* Quelle: Pensionsversicherung Österreich
** Quelle: Deutsche Rentenversicherung 
 

SozialversicherungszweigÖsterreichDeutschland
Rentenversicherung
– Arbeitgeber
– Arbeitnehmer
22,80 %
12,55 %
10,25 %
18,6 %
9,3 %
9,3 %
Krankenversicherung7,65 %14,6 %
(plus Zusatzbeitrag nach jeweiliger Krankenkasse)
Arbeitslosenversicherung6,0 %2,6 %
Pflegeversicherung3,4 % (Kinderlose: 4,0 %)

Beitragssätze zur Sozialversicherung

Österreich: Längere Wartezeiten und voll versteuerte Renten

Allerdings sind auch die Voraussetzungen für einen Rentenanspruch in beiden Ländern unterschiedlich. Während in Deutschland selbst langjährige Hausfrauen und -männer schon nach der Erziehung von (mindestens) zwei Kindern einen Rentenanspruch haben, müssen Versicherte in Österreich 15 Jahre Versicherungszeit („Wartezeit“) vorweisen. In einigen Punkten sind die Leistungen der Nachbar-Rentenversicherung auch schlechter als bei uns: 
 

  • Der Rentenabschlag bei einem vorzeitigen Rentenbeginn beträgt in Österreich 4,2 Prozent pro Jahr, in Deutschland 3,6 Prozent;
  • Der maximale Rentenabschlag bei Erwerbsminderungsrenten ist mit 13,8 Prozent höher als in Deutschland (10,8 Prozent);
  • Der Rentenzuschlag bei aufgeschobenem Rentenbeginn liegt pro Jahr mit 4,2 Prozent niedriger als hierzulande (6,0 Prozent),
  • Renten werden in Österreich bereits heute in vollem Umfang besteuert (in Deutschland zu 76 %).
  • Der höhere Eingangssteuersatz (25 Prozent) bei unseren Nachbarn trifft auch Rentner.


Angesichts dieser Differenzen – und trotz der generellen Ähnlichkeit beider Rentensysteme – lautet das Fazit deutscher Rentenversicherungsfachleute: Bei der Alterssicherung ist in Österreich vor allem „vieles anders“ als in Deutschland.